„...letztlich ist der Mensch, als Folge oder Krönung der Evolution, nur in der Totalität der Erde begreifbar.“ (Leroi-Gourhan, Hand und Wort, S.22)

Montag, 2. Oktober 2017

François Rastier, Schiffbruch eines Propheten. Heidegger heute, Berlin 2017

(Neofelis Verlag, Softcover, 218 Seiten, 25-- €)

1. Zusammenfassung
2. Kritik

Die Atmosphäre unter Frankreichs Intellektuellen scheint ziemlich vergiftet zu sein, wenn man sich François Rastiers Schreibstil anschaut. Auf der akademischen Ebene haben die Heideggerianer das Sagen, und kein Philosophiestudent kommt um „Sein und Zeit“ (1927) als Pflichtlektüre herum. Jede Kritik an Heidegger wird von den Ton angebenden Heideggerianern gerne als Diffamierung verleumdet, nur um mit gleicher Münze zurückzuzahlen:
„Als der Sammelband ‚Heidegger, le sol, la communauté, la race‘ erschien,() wollte der Chefredakteur einer philosophischen Zeitschrift eine Rezension veröffentlichen. Die angeschriebenen Heideggerianer weigerten sich, das Buch zu lesen. Schließlich erklärte sich ein Derrida-Spezialist, Jean-Clet Martin, bereit, eine Rezension zu schreiben. Er erhielt öffentliche Unterstützung durch einen offenen Brief von Alain Badiou, der ihn ‚sehr gut‘, aber ‚zu maßvoll‘ findet und über die Autoren des Buchs (zu denen ich gehöre) herzieht. Ich empfehle wärmstens, ihn zu lesen.() Übergehen wir die persönlichen Angriffe, auf die ‚Moralhermeneutiker‘, die ‚Inquisitoren‘, die ‚inquisitorischen guten Apostel‘, die ‚untolerierbar sind und nicht geduldet werden dürfen‘; diese Sprache, deren philosophische Tiefe der Leser bewundern wird, erinnert an Denis Tillinac und sein ‚Torquemanda de la rive gauche‘(), aber es handelt sich ja um ein Pamphlet, das sich keinen Zwang antun muss.“ (Rastier 2017, S.100f.)
In diesem Stil, voller Ironien und Sarkasmen, setzt sich Rastier über 200 Seiten hinweg mit seinen Gegnern, den Heideggerianern, auseinander, was es für einen Außenstehenden sehr mühsam macht, ihm zu folgen. Das Lesen wird auch nicht dadurch erleichtert, daß die Hälfte des Textes aus Fußnoten besteht, womit Rastier wohl Heideggers Ablehnung jeder Philologie (vgl. Rastier 2017, S.57) zu konterkarieren versucht. Wer wirklich in allen Einzelheiten wissen will, wie sich die Intellektuellen in Frankreich wechselseitig beharken, hat vielleicht seine Freude daran. Und es hat auch wohl seine Notwendigkeit. Aber warum muß der Verlag alle Zitate und Fußnoten nicht nur in kleinerer Schrift, sondern auch noch in einem blassen Grau drucken, das das Entziffern zusätzlich erschwert, so daß der Rezensent eine Lupe zuhilfe nehmen mußte?

Rastier attackiert die Heideggerianer nicht nur mit Ironien und Sarkasmen; er verwendet einen speziellen akademischen Jargon, der die Sätze mit Fachbegriffen spickt, die von einem weniger gebildeten Leser nur mit Hilfe eines Fremdwörterlexikons entziffert werden können:
„Aus dem ontologischen Diskurs entnimmt er (Heidegger – DZ) vor allem Assimilationsprozeduren, eine Wortwahl, die er durch mannigfaltige Ableitungen bereichert und die jeden einzelnen Satz durchsiebt; aus dem identitären Mythos stammt die rhapsodische Erzählstruktur und die repetitive Dialektik, aus dem radikalen politischen Diskurs die binäre Syntax und der oratische Numerus.“ (Rastier 2017, S.97)
Alles in allem kann ich diesem Satzungetüm zwar folgen, aber geht es nicht auch etwas weniger akademisch?

Wer von solchen Sätzen überschwemmt wird, hat kaum noch Aufmerksamkeit für sachliche Unrichtigkeiten. Ein Freund, dem ich Rastiers Buch zeigte, stolperte über eine Stelle, die ich tatsächlich überlesen hatte:
„Das Verbrechen vollendet die Initiation: Zum Beispiel musste man, um SS-Mitglied werden zu können, eigenhändig einen Menschen töten; diese Praxis lebt fort in gewissen neonazistischen Sekten.“ (Rastier 2017, S.34)
Die SS hatte 1932 13.217 zahlende Mitglieder. 1933 sprang diese Zahl auf 167.272 Mitglieder. Will Rastier tatsächlich ernsthaft behaupten, daß jedes dieser SS-Mitglieder einen Menschen umgebracht hat? – Wenn er so sorglos historische Daten dramatisiert, macht er es den Apologeten Heideggers allzu leicht.

Das alles ist ärgerlich, denn die Sachlage, daß wir es bei Heidegger mit einem ausgewachsenen Nationalsozialisten und Antisemiten zu tun haben, ist viel zu ernst, als daß die berechtigte Kritik durch solche Fahrlässigkeiten geschmälert werden dürfte. Hinzukommen ärgerliche Verallgemeinerungen von folgender Art:
„Der aktive Antirationalismus, die Ablehnung der Ethik und die Fetischisierung der Ästhetik, die Ablehnung der Technik und des wissenschaftlichen Denkens, das alles zog die universitären Radikalismen von rechts und links ungemein an, die sich schon seit Jahrzehnten im Heideggerschen Programm des ‚Abbaus‘ befinden, eines Begriffs, der auch in seiner schönfärberischen Form ‚Dekonstruktion‘ bekannt ist.“ (Rastier 2017, S.21)
Rastier wirft hier alles in einen Topf. Technik- und Wissenschaftkritik wird mit einem demokratiefeindlichen Anti-Rationalismus und Anti-Humanismus gleichgesetzt, so daß jeder, der die naturwissenschaftlich-technische Rationalität in Frage stellt, letztlich nur Heideggers „antihumanistische(s) Projekt“ betreibt. (Vgl. Rastier 2017, S.19) Wenn Rastier aber meint, die Ethik und die „philosophische Anthropologie“, die „Sozialwissenschaften mit ihrer Vielfalt der Kulturen und Sprachen“ gegen solche Umtriebe in Schutz nehmen zu müssen (vgl. Rastier 2017, 19) und dabei für einen „Universalismus“ plädiert, in dem „die Menschwerdung sich in der Humanisierung fortsetzt“ (vgl. Rastier 2017, S.200), so sabotiert er dieses unterstützenswerte Ansinnen gleich wieder dadurch, daß er Universalität mit Mathematik gleichsetzt:
„Die Rationalität kann nicht ethnozentrisch sein, weil ihre Prinzipien zu einer nicht aufgezwungenen, sondern von allen gebilligten Universalität hin tendieren, so z.B. die Prinzipien der Mathematik.“ (Rastier 2017, S.153)
Diese Aufwertung der Mathematik als ein alle Menschen verbindendes Gattungsprinzip – ungeachtet dessen, daß eben nicht alle Menschen mathematisch denken können und deshalb mathematische Prinzipien, die sie nicht denken können, auch nicht ‚billigen‘ können – ist der typisch Rastierschen Gedankenfigur geschuldet, daß das Gegenteil des Bösen immer etwas Gutes sein müsse: war Heidegger gegen Technik? – Dann muß man für Technik sein! War Heidegger gegen Philologie? Dann muß man für Philologie sein! Hatte Heidegger etwas gegen Latinismen? Also muß man den eigenen Text mit lateinischen Phrasen spicken! Und weil Heidegger den rechnenden Geist mit dem Judentum identifizierte (vgl. Rastier 2017, S.150), muß man logischerweise auch für Mathematik sein! Ein drittes gibt es nicht.

Rastier übersieht dabei, daß es gerade die naturwissenschaftliche Empirie ist, die mit ihrem ‚rechnenden Geist‘ die „Zukunft der Human- und Kulturwissenschaften“, die nicht nur ihm so am Herzen liegt, bedroht. Man denke an den technikbegeisterten Friedrich Kittler, der mit Hilfe der Kybernetik den Geisteswissenschaften den Geist austreiben wollte. (Zu den Geisteswissenschaften vgl. meinen Blogpost vom 13.02.2016) Man kann keine Human- und Kulturwissenschaften im ‚Geiste‘ der Mathematik und der Naturwissenschaften betreiben! Auch nicht Philologie. Wer das versucht, hat sich schon von ihnen verabschiedet.

Dessen ungeachtet weiß Rastier allerdings einige sehr vernünftige Dinge zur Philosophie und zum Humanismus zu sagen, die sich jeder gläubige Heideggerianer sehr zu Herzen nehmen sollte. Zur Philosophie hält Rastier fest, daß sie niemals Esoterik ist und daß sie offen ist für jeden, der einen Einwand anzumelden hat, gleichgültig welche Sprache er spricht und über welche Bildung er verfügt:
„Jeder Vorschlag kann von einem Unbekannten in Frage gestellt werden, und der Philosoph muss sich dem im Beisein aller stellen.“ (Rastier 2017, S.113)
Die Philosophie braucht keine Propheten, sie ist prinzipiell ungläubig und sie ist allen zugänglich:
„Zweifel sind notwendig, denn der Raum des Dialogs, aus dem Philosophie besteht, ist dadurch offen, dass die Fragen allen zugänglich gemacht werden, dass Vorurteile und Glaubenssätze abgelehnt werden. In seiner gelehrten Unwissenheit bleibt der Philosoph der einzige, der nicht im Besitz der Wahrheit ist, was es ihm ermöglicht, die Suche nach ihr zu problematisieren.“ (Rastier 2017, S.41)
Die einzige Wahrheit, über die der Humanismus noch verfügt, ist die des Überlebens:
„Die vielleicht allerletzte Form des Humanismus wird wahrscheinlich ein Humanismus des Überlebens, das des Überlebenden, das der Menschlichkeit im Menschen, aber auch das der ganzen Menschheit sein: Levi, den der Negationismus und das Wettrüsten beunruhigen, warnte immer wieder in seinen Reden, Gesprächen und Gedichten.“ (Rastier 2017, S.199)
Bleibt mir nur noch hinzuzufügen, daß dieses Überleben eng mit der technischen Frage verknüpft ist; eine Frage, die für Kritik offen sein sollte.

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Sonntag, 1. Oktober 2017

François Rastier, Schiffbruch eines Propheten. Heidegger heute, Berlin 2017

(Neofelis Verlag, Softcover, 218 Seiten, 25-- €)

1. Zusammenfassung
2. Kritik

Während meines Studiums habe ich mich durch „Sein und Zeit“ (1927) gequält und versucht, die Heideggerschen Begriffe mit Sinn zu füllen. Ich scheiterte. Etwas später, nach meinem Studium, verbrachte ich die Tage ‚zwischen den Jahren‘ auf Baltrum. Ich hatte Heideggers „Der Ursprung des Kunstwerks“ (1989) dabei und wollte einen zweiten Versuch starten. In naiver Erwartung, daß die naturnahe, winterliche Inselatmosphäre zum Verständnis des Heideggerschen Jargons beitragen würde, saß ich mit denkschwerer Attitüde im Lesesaal der Insel und ließ meine Augen über die bedeutungsschwangeren Sätze gleiten. Dieses Inselarrangement vermittelte mir eine gewisse Befriedigung, aber mein Verstand blieb davon unberührt. Danach nahm ich nie wieder ein Buch von Heidegger in die Hand.

Dennoch muß ich gestehen, daß ich mich auch in diesem Blog das eine oder andere Mal, vor allem hinsichtlich seiner Technikkritik, auf Heidegger bezogen habe. Nach der Lektüre von François Rastiers „Schiffbruch eines Propheten“ (2017) ist das nun endgültig vorbei. Denn wie soll man mit einem Autor arbeiten, wenn seine Texte, wie Rastier schreibt, „ohne bestimmbaren wissenschaftlichen Wert“ sind (vgl. Rastier 2017, S.58), weil sie allesamt eine „Fälschung des Autors“ sind, der sie je nach politischer Großwetterlage nach Belieben umschrieb, ohne die vorgenommenen Veränderungen zu kennzeichnen (vgl. Rastier 2017, S.62)? Der „unauthentische Text“, schreibt Rastier – welche Ironie: der Prophet der Eigentlichkeit, gesteht seinen eigenen Texten diese Würde nicht zu –, „kann lediglich Kommentare erzeugen, die ebenso bedeutungslos sind“. (Vgl. Rastier 2017, S.63)

Heideggers Verachtung der Philologie war keine bloße Laune, sondern sie hatte Methode; sowohl was die Editionsgeschichte seines Werks betrifft wie auch seine Schreibtechnik. Seine Schreibtechnik mißachtete systematisch jede philologische Gründlichkeit und argumentative Schlüssigkeit:
„Heidegger umgeht sie (die Philologie – DZ) also und befreit sich von jeglichem philologischem Anspruch: ohne weiteres stützt er sich auf zweifelhafte Editionen, und Jean-Pierre Faye wies seine nachlässigen Übersetzungen und Auslegungen nach: zweifelhafte Etymologien vervollständigen das Bild.“ (Rastier 2017, S.57)
In seinen Texten bilden schon seit „Sein und Zeit“, das die Apologeten Heideggers immer von seinen nationalsozialistischen Verstrickungen ausgenommen sehen wollten, die zentralen Begriffe seiner Ontologie lediglich „Decknamen“, ohne tieferen, systematisch gerechtfertigen Sinn:
„1943 vertraut er dem Briefpartner an, dass das ‚Sein des Seienden‘ für ihn oft ein Deckname sei, und er schreibt auch, das Vaterland sei das Seyn selbst.()“ (Rastier 2017, S.36f.)
So wie das ‚Seyn‘ für das Vaterland steht, steht das vaterlandslose (seinsvergessene) Man nicht etwa für eine anthropologische Kategorie, sondern für das internationale Judentum:
„Lesen wir noch einmal in §27 die Beschreibung eines unauthentischen Lebens, das durch Identitätsverlust und Seinsvergessenheit gekennzeichnet ist. Hier ist nicht mehr die Rede von jüdischen Kollegen, aber immerhin von einem unerträglichen Man. Anders gesagt, vaterlandsloser Kosmopolitismus ...“ (Rastier 2017, S.76)
Mit der durchgehenden Verwendung solcher Decknamen entwickelt Heidegger eine Esoterik, die den Uneingeweihten in die Irre führen soll und sogar den Eingeweihten in Unsicherheit verharren läßt: die besten Voraussetzungen für eine perfide Manipulation von Leserschaft und akademischer Öffentlichkeit. Heidegger wußte sehr wohl um die suggestive Macht dieser Schreibtechnik, wie aus den „Schwarzen Heften“ (2014) hervorgeht, von denen bislang vier erschienen sind:
„Das Mißverstandenste wäre der Versuch des Denkens, sich verständlich zu machen. (...) Die hartnäckigste Gefahr für das Denken ist die Bemühung, verständlich zu sein.“ (Zitiert nach: Rastier 2017, S.67)
Heideggers Texte sollten nicht verstanden und auch nicht interpretiert werden. Sie sollten vor allem verehrt werden:
„Im Gegensatz zu einer gewöhnlichen Sekte weiß hier der Eingeweihte nicht, dass er einer ist, und die Manipulation und Kontrolle können umso besser ausgeübt werden: ‚Dabei merken sie nicht, wie scharf ich sie in der Kontrolle habe‘, schrieb Heidegger 1921 an Jaspers über die Mitglieder seines Kreises.()“ (Rastier 2017, S.33)
Von diesem Manipulationswillen zeugt auch Heideggers Editionsplan, der die Veröffentlichung seiner Werke bis ins Jahr 2046 selbst geplant hat und dabei davon ausgegangen ist, daß die Gesellschaft ab dem Jahr 2000 einer Wiederanknüpfung an den Nationalsozialismus freundlicher gegenüberstehen und für offensichtlichen Antisemitismus offener sein würde. 2001 erschien „Vom Wesen der Wahrheit“, das, wie Rastier schreibt, ein „Programm der ‚völligen Vernichtung‘ des inneren Feindes“ und eine „rassische Definition der Wahrheit“ liefert, und 2014 erschienen die erstem vier von neun offen antisemitischen und nationalsozialistisch geprägten „Schwarzen Heften“, die die Edition der Gesamtausgabe abschließen sollen:
„Die Bestätigungen, die sich in den Schwarzen Heften finden, betreffen nicht nur die antisemitischen Themen, sondern auch das Verhältnis der Heideggerschen Philosophie zum Nationalsozialismus, der wegen seiner Barbarei verherrlicht wird:‚Der Nationalsozialismus ist ein barbarisches Prinzip. Das ist sein Wesentliches und seine mögliche Größe.‘()“ (Rastier 2017, S.129)
Die bisherige Apologie der Heideggerianer, die zwischen dem Nationalsozialisten und dem Philosophen Heidegger zu trennen versuchen, ist angesichts seiner Schreibtechnik und seines Editionsplans endgültig hinfällig:
„Nun machen es aber die Schwarzen Hefte unmöglich, den Denker vom Nationalsozialismus zu trennen. Durch die esoterische Strategie, die des Meisters Veröffentlichungsplan bestimmt, ist ihre Bestimmung die Enthüllung und die Erfüllung der Prophetie, die der Autor in den 93 vorangehenden Bänden aufgebaut hatte.“ (Rastier 2017, S.132)
Der von Rastier gewählte Buchtitel „Schiffbruch eines Propheten“ erweist sich angesichts dessen, daß sich Heidegger selbst nicht als gescheitert wahrnahm und auch zeitlebens sich nie für seine nationalsozialistischen ‚Verstrickungen‘ entschuldigt hat, als unzutreffend, wie Rastier in einer Anmerkung einräumt. (Vgl. Rastier 2017, S.17 (Anm.13)) – Heidegger ist kein Gescheiterter! Man liest und zitiert ihn mehr denn je.

Wenn ich in meinem Freundeskreis die „Schwarzen Hefte“ anspreche, muß ich zu meiner Verwunderung immer wieder erläutern, worum es sich bei diesen Heften genau handelt. Sogar bei Intellektuellen und Akademikern fehlt bislang eine entsprechende Kenntnis der aktuellen Sachlage zu Heideggers Schriften. Aber immerhin ist in Deutschland das Problembewußtsein, aufgrund der „Entnazifizierung“, wie Rastier schreibt (vgl. Rastier 2017, 114), größer als in Frankreich oder in den ehemaligen „Achsenmächten“ Japan und Italien:
„Sein Glanz lebt in den Ländern der früheren Achsenmächte fort, von Italien, mit dem ‚schwachen Denken‘ der politischen Theorie von Vattimo oder Agamben, bis nach Japan, bei so verschiedenen Autoren wie Bin Kimura in der Psychopathologie, Tetsuro Watsuji in der Ethik und Keiji Nishitani in der religiösen Ontologie.“ (Rastier 2017, S.179)
Immer wieder überrascht Rastier den Rezensenten mit Namen von Heideggerianern, die in meinen Ohren einen guten Klang haben, wie den im letzten Zitat erwähnten Keiji Nishitani, oder auch von Nicht-Heideggerianern wie Axel Honneth, der Heidegger trotz aller Kritik zubilligt, auf „den Zusammenhang des instrumentellen Denkens mit der Technik“ hingewiesen zu haben. (Vgl. Rastier 2017, S.149) Rastier verweist immer wieder auf Heideggers Wissenschaftsfeindlichkeit, wobei er auch, vorschnell wie ich finde, jede Wissenschaftskritik als irrational und anti-humanistisch klassifiziert. Auf diese Problematik werde ich im nächsten Blogpost detaillierter eingehen.

Insgesamt richtet sich Rastier vor allem an seine Landsleute, die französischen Intellektuellen, die er mit seiner explizit nicht textimmanenten, sondern in erster Linie und im besten Sinne ideologiekritischen Auseinandersetzung mit der Heideggerschen ‚Ontologie‘, die dem Prophetentum den Vorrang gegenüber der Philosophie einräumt, zu einer kritischeren Rezeption Heideggers auffordert. Vor jeder Lektüre von Heideggers ‚Werk‘, so Rastier, sollte die Frage stehen:
„Wie ist das bis jetzt veröffentlichte Werk zu charakterisieren? Es ist dies auch eine hermeneutische Frage: soll man es interpretieren, obwohl sein Autor sich dagegen sperrt, und nach welchen Prinzipien?“ (Rastier 2017, S.14)
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